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Geschichten und Legenden um Mallorca

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Foto: (c) Antoni Sureda - Wikipedia

Der Zauber unserer Mittelmeerinsel liegt nicht nur in ihren Naturschätzen oder den eindrucksvollen Sonnenuntergängen. Die Vielzahl an Kulturen und Völkern, die sich für Mallorca interessierten – und heute noch interessieren – haben die Insel in eine Kulisse für unzählige Abenteuer und Geschichten verwandelt. Viele haben tatsächliche Spuren hinterlassen, denen man heute noch in den Gässchen und Gebäuden der Insel nachstöbern kann. Aber es gibt auch die unsichtbaren und unbegreiflichen Spuren, die diese Straßen und Orte verzaubern: die Legenden.

Der Drache und die Geliebte

Eine der beliebtesten Legenden ist Drac de Na Cocoa – der Drache von Coca. Die Legende erzählt, dass im 17. Jahrhundert ein gefürchteter Drache im Labyrinth der Kloaken von Palma lebte. In der Nacht stieg er hinauf in die Straßen der Stadt und verbreitete Angst und Schrecken in der Bevölkerung, denn er verschlang alles, was sich ihm in den Weg stellte. Die wenigen, die der Bestie mit viel Glück entkommen konnten, erzählten von einem riesigen, schuppenbedeckten Ungeheuer mit vier kräftigen Beinen und einem langen, gewundenen Schwanz, den es hinter sich herschleife. Niemand wagte es, sich dem Ungeheuer entgegenzustellen.

Eines Abends kam der Edelmann Bartomeu Coch, der Herrscher von Alcúdia, nach Palma, um seiner Angebeteten den Hof zu machen. Er betrat die Stadt durch das Tor, nahm die Calle Portella in Richtung Kathedrale und gelangte zum Haus seiner Liebsten. Die beiden unterhielten sich, als sie plötzlich vom Drachen überrascht wurden. Der Ritter machte seinem Namen Ehre, zog geschickt das Schwert und erlegte den Drachen. Bartomeu Coch packte das Tier, schleifte es bis unter das Fenster seiner Geliebten und schenkte es ihr als einen Beweis für seine Liebe.

Man sagt, dass es sich bei dieser Geschichte um eine wahre Begebenheit handelt, auch wenn sie möglicherweise durch die Vorstellungskraft des Volkes ausgeschmückt wurde. Und so findet sich im Diözesanmuseum auch wirklich der mumifizierte Drac de Na Coch, ein Geschenk der Nachfahren des Ritters Coch aus dem 20. Jahrhundert. Gleich gegenüber des Museums sehen aufmerksame Touristen außerdem eine Skulptur des Drachens, die ihn zeigt, wie er an einer Hauswand hinaufklettert.

Um diese und andere Legenden an den Originalschauplätzen zu hören und die volkstümlichen Geschichte kennen zu lernen, können Gäste im Sommer an Nachtführungen teilnehmen, bei denen die Geschichten und Legenden Palmas zu neuem Leben erwachen. Wer die Stadt aber außerhalb dieser Zeit oder lieber ohne Gänsehaut bei Tageslicht besuchen möchte, kann die Altstadt auch allein erforschen.

Ramón Llull am Puig de Randa

Der Philosoph und seliggesprochene Ramón Llull wurde im 13. Jahrhundert auf Mallorca geboren, wo er auch den Großteil seines Werks verfasste, das später weit über die Inselgrenzen hinaus die Gelehrten in Erstaunen versetzte. Die Legende erzählt, dass er sich, abgestoßen von den Eitelkeiten der Welt, in eine Höhle zurückzog, um dort zu meditieren und zu schreiben. Es war eine abgelegene Grotte im Puig de Randa, deren Eingang von einem orientalisch anmutenden Strauch gut versteckt war.

Die Tage vergingen in Stille und Konzentration, allein die Natur und die Sonne waren seine Gefährten. Bis er eines Tages in seiner Meditationen von Lärm am Eingang der Grotte jäh unterbrochen wurde: Ein junger Hirte war einem verspielten Lamm bis hierher gefolgt und hielt es nun auf dem Arm.

Mit einem freundlichen Lächeln grüßte er den Philosophen und fragte, ob er denn wirklich so arm sei, dass er in dieser Höhle leben und um Almosen bitten müsse. „Ich bete zu Gott, damit er mir helfe, Dinge zu verstehen, die mir noch unverständlich sind …“, war seine Antwort. Und so begann zwischen dem Einsiedler und dem Schafhirten eine eigenartige Unterhaltung in einfacher Sprache aber über philosophische Themen.

Der junge Mann befragte den Denker zu seiner Haltung zu verschiedenen Themen, der antwortete und hörte dann aus dem Mund des Hirten neue Sichtweisen, und Erklärungen verschiedener Ideen und Konzepte. Fragen, für die Ramón Llull keine Antworten gefunden hatte, erschienen ihm nun durch die ganz selbstverständlichen Erklärungen des unbekannten Jungen einfach und einleuchtend. Die Legende erzählt, dass der Hirte von Gott zu dem frommen Denker geschickt worden war, damit dieser sich zum Stolz aller Mallorquiner entwickeln konnte, wie es dann auch tatsächlich geschah.

Ein Naturphänomen passt jedenfalls zu dieser Legende, und zwar sind die Sträucher am Puig de Randa tatsächlich seltsam geformt und tragen Blätter, deren Formen orientalischen Schriftzeichen ähneln. Genau wie jene, die die Höhle des Gelehrten versteckten. Und genau wie die Schriften Ramón Llulls, die er interessanterweise sowohl in katalanischer, als auch in arabischer Sprache verfasste.

Erde, verschluck mich!

Die Hauptfiguren der folgenden Geschichte sind zwei international bekannte Persönlichkeiten: der Komponist Frédéric Chopin und seine Geliebte, die Schriftstellerin George Sand. Gemeinsam verbrachten sie den Winter 1838 auf Mallorca, das Buch „Ein Winter auf Mallorca“ erzählt von diesem Aufenthalt. In diesem Buch wird auch eine Anekdote erzählt, die sich so im Palacio de Montenegro in Palma zugetragen haben soll, wo die beiden die bedeutende Bibliothek besuchten, die der Onkel des Grafen Montenegro, der Kardinal Despuig, zusammengetragen hatte. Unter den Schiftstücken, die der Hauskaplan ihnen zeigte, befand sich wirklich und wahrhaftig eine Seefahrerkarte aus dem Jahr 1439, die Amerigo Vespucci gehört hatte.

Um sie besser zeigen zu können wurde sie auf einem Tisch ausgebreitet und einer der Diener stellte ein Tintenfass auf eine Ecke der Karte. Obwohl das Tintenfass voller Tinte war, war es nicht schwer genug, um zu verhindern, dass die Pergamentrolle sich in sich zusammenrollte. Das Ergebnis war verheerend: Ein riesiger Tintenfleck auf einem so bedeutenden historischen Dokument! Chopin und die Schriftstellerin ergriffen die Flucht, bevor der Hausherr zurückkam und den Schaden bemerkte.

Ein Großteil dieser Geschichten hat sicher einen wahren Kern, der jedoch von Generation zu Generation und über die Jahrhunderte mit mehr als nur ein paar wenigen Details und lebenden Toten ausgeschmückt wurde, die nun zusammen das ergeben, was diese Geschichten heute sind: Legenden.

© Mallorca-OK

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