Start Magazin Durchfall im Urlaub ist lästig und gefährlich

Durchfall im Urlaub ist lästig und gefährlich

17092
0
TEILEN
Medizinstudium

Prof. Dr. Tomas Jelinek ist medizinischer Direktor des BCRT Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin, Lehrbeauftragter der Universität Köln und an der Charité Berlin . Er erklärt im Experteninterview, warum uns Durchfall so oft im Urlaub erwischt, wie man vorbeugen kann und was im Akutfall hilft.

1. Eine der häufigsten Erkrankungen auf Reisen ist Durchfall. Warum ist das so?

Unser Essen ist nicht steril, sondern enthält immer Erreger. Bei uns in Mitteleuropa ist dies meist in relativ niedriger Konzentration der Fall, da wir bei der Nahrungsmittelherstellung auf hohe Hygienestandards achten. Auf Reisen kann das anders sein. Niedrigere Hygienestandards und dadurch gefährlichere Keime im Essen können Durchfall auslösen.

2. In welchen Ländern ist die Gefahr besonders groß?

Es gibt viele Reiseländer, in denen das Risiko erhöht ist. Die meisten Fälle sehen wir auf Nilkreuzfahrten mit einer Durchfallrate von über 90 Prozent und auf dem indischen Subkontinent mit über 80 Prozent Betroffener. Aber es gibt auch viele andere Länder, in den man Durchfall bekommen kann. In der Türkei z.B. haben wir durchaus einen Anteil von 40 Prozent der Reisenden mit Durchfallerkrankungen.

3. Welche Vorsichtsmaßnahmen empfehlen Sie?

Es gibt den alten Tropenmediziner-Satz: „Koch es, schäl es oder vergiss es“. Der ist sehr pragmatisch, aber leider kaum durchzuhalten. Oft kann man das nicht kontrollieren oder die Erreger kommen über Glas, Teller oder Gabel in den Organismus. Das Überprüfen der Quelle der Nahrungsmittel ist ratsam, aber davon abgesehen ist es auch einfach Pech, wenn man Durchfall bekommt.

4. Was geschieht bei einer Durchfallerkrankung im Körper?

Durchfall ist meistens eine Abwehrreaktion des Körpers: Er will den Erreger schnell wieder loswerden. Hierzu beginnt er, mehr Flüssigkeit auszuscheiden und die Darmbewegung zu steigern. Der Inhalt des Darmes soll mitsamt Erreger schnell zum Ausgang transportiert werden.

In anderen Fällen möchte der Erreger selbst, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeschieden wird, z.B. Enterotoxische E. coli Bakterien. Wenn sie sich ausreichend vermehrt haben, produzieren sie ein Toxin und provozieren so einen gesteigerten Wassereinstrom in den Darm. Dadurch werden sie alle gemeinsam ausgeschieden. Das erhöht die Chance, einen neuen Körper besiedeln zu können.

5. Niemand möchte auf Reisen mit Darmeskapaden an die Unterkunft gefesselt sein. Was sollte eine Therapie von akutem Durchfall leisten?

Eine Therapie sollte das Erreichen von zwei Zielen unterstützen: Eine schnelle Linderung des Symptoms Durchfall und eine Reduktion des Flüssigkeitsverlustes. Denn Durchfall ist nicht nur lästig, sondern aufgrund des Flüssigkeitsverlustes auch potentiell gefährlich.

6. Seit letztem Jahr ist der Wirkstoff Racecadotril in der Selbstmedikation -unter dem Namen Vaprino® erhältlich und für die Reiseapotheke verfügbar. Wie ist sein Wirkprinzip?

Das Wirkprinzip von Racecadotril greift da an, wo das eigentliche Problem bei Durchfall liegt: beim Flüssigkeitseinstrom in den Darm. Dieser wird normalisiert. Das führt zum einen dazu, dass die Beschwerden reduziert werden. Zum anderen geht deutlich weniger Flüssigkeit verloren. Dadurch wirkt es der potentiell gefährlichen Entwässerung des Körpers entgegen.

7. Können Sie Vaprino® für die Reiseapotheke empfehlen?

Ja, das kann ich gut empfehlen. Denn es setzt am Kernproblem des Durchfalls an, dem Flüssigkeitsverlust, und führt schnell zur Symptomlinderung. Zudem hat es ein niedriges Nebenwirkungsprofil. Man kann es somit in die Reiseapotheke geben, ohne Nebenwirkungen zu befürchten. Die Alternative wäre ein Antibiotikum, das die Erreger direkt bekämpft. Hier kann es durchaus zu Nebenwirkungen kommen. Zudem reicht es hier häufig aus, die Symptome zu überbrücken. Denn: Das Problem regelt sich von selbst, wenn die Erreger ausgeschieden sind.

8. Warum ist es wichtig, dass bei Durchfall die Erreger ausgeschieden werden?

Wenn die Erreger nicht ausgeschieden werden, vermehren sie sich im Körper weiter und machen anhaltend Probleme. Im Extremfall können sie invasiv werden und in den Körper eindringen. Das kann gefährlich werden: von Fieber bis hin zur Sepsis (Blutvergiftung). Die Erreger müssen den Körper verlassen. Deswegen ist es keine Lösung, die Abwehrreaktion komplett zu blockieren, indem man beispielsweise den Darm lähmt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.