Start Magazin Gesellschaft Das „andere“ Mallorca – Obdachlose Deutsche auf der Ferieninsel

Das „andere“ Mallorca – Obdachlose Deutsche auf der Ferieninsel

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Millionen Deutsche kommen jedes Jahr nach Mallorca. Tausende träumen vom Auswandern. Einige tun es und so mancher wacht unsanft aus dem Traum von der Sonneninsel auf. Für viele endet der Traum vom Leben auf der Sonneninsel in der Mittelosigkeit. Oft weil die Koffer in Deutschland vorschnell gepackt wurden.

Was im Urlaub wie das gelobte Land aussieht, erweist sich dann in der Realität schnell als knallhartes Pflaster. Zudem können viele Auswanderer kein Spanisch und haben in der sowieso schon angespannten Wirtschaftslage so Schwierigkeiten einen Job zu finden. Denn auch wenn man als Urlauber mit der deutschen Sprache weit kommen kann, in der Arbeitswelt wird Spanisch oft vorausgesetzt. Und selbst wenn man einen der begehrten Jobs ergattern kann, kommt spätestens bei den Gehaltsverhandlungen die Ernüchterung. Das Leben auf Mallorca ist teuer – spanienweit liegt die Höhe der Löhne aber auf dem vierten Platz – von hinten. Reich werden kann man hier kaum.

Nicht wenige kehren bereits nach weniger als einem Jahr der „Trauminsel“ desillusioniert wieder den Rücken. Einige jedoch bleiben „auf Teufel komm raus“ und geraten immer weiter in die Armut und die Isolation in einem letztlich doch fremden Land. Geldmangel und Alkoholprobleme sind unter den Auswanderern weit verbreitet, familiäre Schwierigkeiten kommen häufig hinzu, schließlich führt die Abwärtsspirale auf die Straße.

Der Weg zurück nach Deutschland kommt für einige von ihnen aber auch nicht in Frage. Warum zieht es die Menschen aber immer wieder zurück auf die Insel? Zum einen sind die Winter auf Mallorca nicht so kalt und lang. Zum anderen scheint das harte Leben als Obdachloser hier ein wenig einfacher zu sein. Erst vor wenigen Tagen berichtete die Bild-Zeitung über René B. Der Diplom-Ingenieur aus Mainz lebt seit vier Jahren am Flughafen Son Sant Joan auf Mallorca. Familiäre Probleme trieben ihn auf die Straße, erst in Deutschland, später in Spanien. Mit seinem letzten Geld kam er 2007 nach Mallorca – und blieb. Den Flughafen hielt er „für eine gute Idee, weil er dort nicht so einsam sei“. Dort lebt er von den Almosen der Urlauber und hilft auch gerne weiter wenn sie im Gewirr des Flughafens die Orientierung verloren haben.

Er ist nicht der einzige Obdachlose, der seine Zelte am Flughafen aufgeschlagen hat. Im Winter sind es einige mehr, dann schlafen sie im ersten Stock neben den Toiletten, im Sommer auf der Sonnenterrasse. Die Sicherheitsdienste lassen sie gewähren, bisher werden sie nicht vertrieben, und da der Flughafen auch nachts geöffnet ist, habe sie  ein sicheres Dach über dem Kopf. Und jeden Tag kommen wieder Flugzeuge mit Urlaubern an – und so mancher kehrt mit dem Traum von 300 Tagen Sonne auf einer traumhaft schönen Insel zurück. Einem Traum, der sich nur allzu schnell in einen Alptraum verwandeln kann.

© Mallorca-OK

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